Freitag, 2. Januar 2009

Silvesterklausen in Urnäsch

Am Silvestertag läutet unser Wecker bereits um 4.15 Uhr in aller Frühe, damit wir rechtzeitig für das Frühklausen beim Dorfplatz waren. Nach einem kurzen Spaziergang zusammen mit unseren Gastgebern erreichten wir den Dorfkern, wo bereits Hunderte von Zuschauern warteten. Pünktlich um 5 Uhr ging das Licht im ganzen Dorfzentrum aus und die noch unverkleideten Kläuse strömten unter dem Klang ihrer Schellen auf den Platz, um 15 Minuten lang zu zauren und danach wieder zu verschwinden. Nach diesem beeindruckenden, beinahe mystischen Erlebnis wärmten wir uns mit einem Kaffe fertig auf und legten uns danach noch ein paar Minuten hin, damit wir genug Energie für den langen Tag haben. Später begaben wir uns wieder ins Dorf und entdeckten schon bald den ersten Schuppel Schöwüeschti, die gerade vor einem örtlichen Geschäft am chlausen und zauren waren. Ein Schuppel besteht normalerweise aus einem Vorrolli, einigen Schellis und dem Noerolli. Bei unserem Rundgang durch Urnäsch sind wir alle paar Meter auf eine weitere Gruppe gestossen, die vor einem Haus gerade ein Zäuerli anstimmte oder unterwegs zu einem nächsten Haus war. Neben den Schöwüeschte, die auch Naturkläuse genannt werden und deren Kostüme ganz aus natürlichen Materialien bestehen, gibt es noch die sogenannten Schöne mit ihren wunderschönen Gewändern und kunstvollen Kopfbedeckungen und die Wüeschte, welche gefürchige Masken und Kleider aus Pelz, Stroh, Blättern und sonstigen Pflanzen tragen.

Silvesterklausen in Urnäsch

Nach einigen Stunden Erleben und Geniessen dieses tollen, alten Brauches gönnten wir uns zum Zmittag eine Wurst vom Grill bei der Metzgerei. Nachdem wir diese verspiesen hatten schauten wir nochmals ein bisschen den Kläusen zu, bevor es allmählich etwas ruhiger wurde im Dorf. Am Nachmittag besuchten wir das Appenzeller Brauchtumsmuseum, welches sich in einem sehr alten und einem etwas neueren Haus direkt am Dorfplatz befindet. Neben Informationen zum Ursprung des Klausen, welches gemäss aktuellem Stand der Forschung kein heidnischer Brauch, sondern vermutlich ein Auswuchs der Nikolausfeierlichkeiten ist, erhielten wir da auch Einblick in andere traditionelle Appenzeller Bräuche wie die Alpfahrt, das Bloch, die Bauernmalerei und Streichmusik. Später fanden wir uns dann in der Taube für das sechsgängige Silvestermenü ein. Zum Auftakt gab es eine Kürbissuppe tropischer Art, gefolgt von geräuchtem Forellenfilet mit Nüsslisalat. Als dritter Gang wurde uns ein Zitronensorbet mit Prosecco serviert und als Hauptgang konnten wir Kalbscarre mit Morchelsauce, Kartoffelgratin und Gemüse geniessen. Danach folgte ein feiner Käseteller und als Dessert eine Rislingschaumcreme. Während dem Dinieren traten rund fünfzehn Klausenschuppel in den Saal ein, boten wildes Schellen und Rollen, sowie gepflegtes Zauren, um vom Wirt mit dem obligaten Getränk vekostet zu werden. Um Mitternacht konnten wir mit Sekt anstossen und alles Gute fürs neue Jahr wünschen. Etwas später nahmen wir im frischen Neuschnee den Weg zu unserer Unterkunft unter die Füsse und sanken nach diesem erlebnisreichen Tag in den wohlverdienten Schlaf.

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